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Inmitten des ehemaligen Wohnbereichs der weitläufigen Villa Esters widmete sich das sogenannte #Wohncamp19 am 10 Juli.2019 dem Thema Wohnen 4.0 aus persönlichen, unbequemen und zukunftsorientierten Perspektiven. Ähnlich der Bildungsstätte Bauhaus versteht sich das Format als experimentelle und interdisziplinäre Denk-Plattform, die fruchtbare Synergien aus Praxis und Theorie erzeugen soll. Dies bildete das Scharnier zum Institut für Moderne im Rheinland an der Düsseldorfer Heinrich-Heine-Universität, das für das BarCamp als akademischer Kooperationspartner fungierte.
Nach der Begrüßung und Einführung durch die Kooperationsparternerinnen Prof. Dr. Gertrude Cepl-Kaufmann, Dr. Jasmin Grande und der stellv. Direktorin der Kunstmuseen Krefeld Dr. Sylvia Martin folgte eine Vorstellungsrunde der Teilnehmer_innen. Jede/r legte sich drei Stichworte oder Hashtags zurecht und stellte sich der gesamten Runde von knapp zwanzig Personen vor: community-lover, urban activist oder cosmopolit. Schnell war die Heterogenität der Gruppe deutlich, die neugierig auf die Diskussion machte; ganz frei der Frage nach: Wie ist das denn bei Dir so? Die Diversität war durch das Interesse am Anderen und am Anderssein begleitet. Es haben sich Personen unterschiedlichen Alters zusammengefunden, die verschiedene Berufe und Berufungen ausüben und differierende Wohn- und Lebensumstände haben. Und doch hatten alle das Bedürfnis, ähnliche Fragen des Wohnens zu diskutieren: Wie und wo wollen wir in Zukunft wohnen/leben?
Dann folgte die Sessionplanung: Jede/r konnte ein Thema vorschlagen, das in die Auswahl für den Tagesplan aufgenommen wurde. Einige Teilnehmerinnen hatten schon Themenblöcke, sogenannte Sessions, mitgebracht, andere entwickelten ihre Fragen spontan vor Ort. Die Vorschläge wurden auf bunten Post-Its notiert und standen dann demokratisch zur Wahl. Die gefragtesten Sessions waren: 1. Anders Wohnen, ja und wie? -- 2. Wohngemeinschaften generationsübergreifend -- 3. Stadt oder Provinz? -- 4. My home is where my ...is -- 5. Glas-Galaxien *und *6. soziale und kulturelle Communities. Dann lief diie Uhr : Zwei Sessions wurden zeitgleich abgehalten und boten den Teilnehmerinnen in je 60 Minuten die Möglichkeit zum Diskutieren und Austausch.
Als kuratorische Assistenz und Neuling in der BarCamp-Szene hatte ich meine angebotene Session Anders Wohnen, ja und wie? an künstlerischen Arbeiten der Ausstellung ausgerichtet. Idee war es, anhand der Werke und dessen Zusammenspiel mit den ikonischen Mies van der Rohe Villen Alternativen von Wohnen zu besprechen und der Frage nachzugehen, was wir für das Wohnen der Zukunft von den Kunstwerken lernen können. Nach einer kurzen Führung durch die Häuser Lange und Esters begann eine rege Diskussion. Nach einem ersten vorsichtigen Antasten, waren alle Dämme gebrochen und jede/r gab ihr/sein Gedankengut in das Gespräch hinein. Vor allem Christopher Thomas Kulendrans multimediale Installation New Eelem löste lebhaften Redebedarf aus. Wir diskutierten über das in den Videos prophezeite weltweite Nomadentum und das sich damit verändernde Verständnis von Heimat und Zuhause sowie die Konsequenzen und Neuanforderungen an den Wohnraum. Mal verloren wir alle den Überblick im Sprechen, weil wir uns in Details verstrickten, mal bemerkten wir Schnittstellen zu anderen Arbeiten und mal kamen wir auf gute Ideen. Chaos mischte sich mit genialen Einfällen. Das BarCamp als eine offene und nicht resultatorientierte Un-Konferenz, ist mir sympathisch, da es den Freiraum bietet, seinen gedanklichen Impulsen frei zu folgen.
Pause.
Auf der Social-Media-Wall posteten alle Teilnehmer_innen fleißig Fotos und Gedankenfetzen auf Twitter und Instagram, wie Wir haben alle keine Wohnkompetenz oder Temporärer Wohnraum als Aneignungsraum, so dass jede Session in Fragmenten digital verfolgt werden konnte. Bei einer Tasse Kaffee und köstlichen Kanapees kamen alle zwanglos über die Session-Inhalte unde Erfahrungen ins Gespräch. Es schien nun, dass trotz offensichtlicher Unterschiede alles gar nicht mehr so verschieden war.
Next Session: Neues Thema, neue Gruppe, neue Diskussion. Stadt oder Provinz? Ute Vogel war Antriebsfeder und wollte das Für und Wieder von ländlichem und städtischem Wohnen diskutieren. Ihre Motivation schien utopisch zu sein, denn sie suchte nach der Kombination der angenehmen Aspekte beider Wohnbereiche. Das breite, kulturelle Angebot einer Metropole und dörfliche Ruhe im Paket, wie soll das gehen? Was als Einbahnstraße anmutete, formierte eine Debatte um die Frage, wie Alter, Beruf, Familienstand und Lebensvorstellungen unsere Wohnbedürfnisse verändern (dürfen). Persönliche Geschichten, Erfahrungen und Probleme fanden Eingang in die Runde. Wohnortwechsel von der Stadt aufs Land lassen sich oft mit Familienplanung begründen, so eine Teilnehmerin, was aber tun, wenn die Kinder erwachsen sind? Wieder in die Stadt? Alle merkten, dass die Zeit für Lösungsansätze nicht reicht, dennoch nahm die Gruppe die Notwendigkeit mit, weiter über das Thema nachzudenken.
Schon wartete das nächste Thema darauf besprochen zu werden: soziale und kulturelle Communities. Anni Roolfs Interesse war der Frage entlehnt, welche Fundamente gebraucht werden, um Gemeinschaften zu bilden und zu fördern. Dazu gehörte zunächst zu wissen, was eine Gemeinschaft definiert, welche Formen es gibt und was diese spezifisch macht. Die Denkfabrik war aktiviert: bunte Post-Its mit Schlagworten wie „Zwangsgemeinschaft" wurden kategorisiert, sortiert, verworfen und fügten sich wieder in die größer werdende Mind-Map ein.
20.15 Uhr: Laut Plan war nun das Resümee zum BarCamps Wohnen 4.0 angesetzt. Fazit aller Teilnehmer_innen: Innovativ, inspirierend und wiederholungswert!
Kooperationspartner: Institut „Moderne im Rheinland“ an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Kunstmuseum Krefeld – Haus Esters und Haus Lange
Julia Reich