Künstler*innen, Designer*innen, Architekt*innen

raumlaborberlin
5 × 10, 2019
Courtesy der Künstler

Für Anders Wohnen hat raumlaborberlin ein modules, variables Mobiliar entwickelt, das Ästhetik und Funktionalität, Bild und Gebrauchsgegenstand auf spielerische Weise miteinander verschränkt. Ihr Entwurf zitiert die berühmte Wand aus Onyxmarmor im Barcelona Pavillon von Ludwig Mies van der Rohe. Im Jahr 1929, ungefähr zeitgleich zum Bau der Häuser Lange und Esters, erhielt der Architekt den Auftrag, den deutschen Pavillon für die Weltausstellung in Barcelona zu entwerfen.

Mit seinem offenen Grundriss befreite Mies van der Rohe das Gebäude von tragenden Wänden im Inneren, einzelne Raumeinheiten gehen fließend ineinander über, die eingestellten Wände dienen nur noch als Raumteiler. Der Pavillon gilt als Ikone des modernen Bauens, mit der Mies van der Rohe seine Idee des fließenden Raumes erstmals konsequent umsetzen konnte. Gemeinsam mit seiner Partnerin Lilly Reich gestaltete er das gesamte Erscheinungsbild des Pavillons einschließlich der Inneneinrichtung, die durch Einfachheit und gleichzeitig durch die Schönheit der verwendeten Materialien besticht.

raumlaborberlin  
5 × 10, 2019  
Ausstellungsansicht Anders Wohnen, Haus Esters, Krefeld 2019  
© raumlaborberlin, Foto: Dirk Rose
raumlaborberlin
5 × 10, 2019
Ausstellungsansicht Anders Wohnen, Haus Esters, Krefeld 2019
© raumlaborberlin, Foto: Dirk Rose
raumlaborberlin  
5 × 10, 2019  
Ausstellungsansicht Anders Wohnen, Haus Esters, Krefeld 2019  
© raumlaborberlin, Foto: Dirk Rose
raumlaborberlin
5 × 10, 2019
Ausstellungsansicht Anders Wohnen, Haus Esters, Krefeld 2019
© raumlaborberlin, Foto: Dirk Rose
raumlaborberlin  
5 × 10, 2019  
Ausstellungsansicht Anders Wohnen, Haus Esters, Krefeld 2019  
© raumlaborberlin, Foto: Dirk Rose
raumlaborberlin
5 × 10, 2019
Ausstellungsansicht Anders Wohnen, Haus Esters, Krefeld 2019
© raumlaborberlin, Foto: Dirk Rose
raumlaborberlin  
5 × 10, 2019  
Ausstellungsansicht Anders Wohnen, Haus Esters, Krefeld 2019  
© raumlaborberlin, Foto: Dirk Rose
raumlaborberlin
5 × 10, 2019
Ausstellungsansicht Anders Wohnen, Haus Esters, Krefeld 2019
© raumlaborberlin, Foto: Dirk Rose
raumlaborberlin  
5 × 10, 2019  
Ausstellungsansicht Anders Wohnen, Haus Esters, Krefeld 2019  
© raumlaborberlin, Foto: Dirk Rose
raumlaborberlin
5 × 10, 2019
Ausstellungsansicht Anders Wohnen, Haus Esters, Krefeld 2019
© raumlaborberlin, Foto: Dirk Rose

Eines der prägenden Elemente des Pavillons ist die Wand aus Onyxmarmor mit ihren charakteristischen Bänderungen und vertikalen Spiegelungen. Das von Raumlabor entworfene Objekt in Haus Esters deutet als geschlossene Wand die Strukturen der historischen Marmorwand an, die hier aus Holz nachempfunden zu sein scheint — schlicht eine Unmöglichkeit, da kein Holz Bänderungen von einem solchen Durchmesser aufweisen könnte. Beim näheren Hinsehen zeigt sich das vermeintliche Holzfurnier als gemalte Imitation und die Wand selbst als eine Art Puzzle aus 50 quadratischen Hockern sowie zwei großen Tischen, die übereinandergestapelt und bei Bedarf von den Besucher*innen entnommen und genutzt werden können. Die Rückseite der gestapelten Hocker und Tische bildet ein Regal sowie eine Garderobe. Dass die Beine der Hocker selbst noch einmal aus Fragmenten verschiedener Designklassiker zusammengesetzt scheinen, unterstreicht den spielerischen Charakter der Installation.

Diese Assemblage an Zitaten von Design- und Architekturklassikern verweist auf den utopischen Impuls, der von der Moderne im 20. Jahrhundert ausgegangen ist. Durch die Möglichkeit der Demontage des Objektes scheint die Utopie zugleich aber auch in Frage gestellt. Die Moderne als Mythos und als gescheiterte Utopie werden ebenso zum Thema. Gerade die Onyxmarmor Wand des Barcelona Pavillons steht für einen zweckfreien Luxus, der den sozialen Anspruch des Bauhauses (z.B. Siedlungsbau) nicht bedient. Sie demonstriert Kostbarkeit, einen materiellen Luxus, den sich kaum jemand leisten kann. Sie wird sogar der gewöhnlichen Funktion als Wand, die einen Wohnraum abschließt, nicht gerecht. Aus dieser ‚zweckfreien‘ Wand macht raumlaborberlin ein nutzbares, soziales Objekt, das Kunst und Alltag miteinander verbindet. Zeigt sich aber nun im Kurzschluss von Zweckrationalität und Kunstwerk eine soziale Vision von Gleichheit und Freiheit? Oder handelt es sich um eine selbst auferlegte Einschränkung bei der Gestaltung, die den freiheitlichen Gedanken der Kunst zuwiderläuft? Utopische und dystopische Aspekte treffen auf diese Weise in der Arbeit 5 × 10 gleich mehrfach aufeinander.

raumlaborberlin  
5 × 10, 2019  
Ausstellungsansicht Anders Wohnen, Haus Esters, Krefeld 2019  
© raumlaborberlin
raumlaborberlin
5 × 10, 2019
Ausstellungsansicht Anders Wohnen, Haus Esters, Krefeld 2019
© raumlaborberlin

raumlaborberlin wurde 1999 als Interessengemeinschaft von mehreren Künstlern und Architekten gegründet, die jeweils projektbezogen und interdisziplinär arbeiten, um gemeinsame Ziele in der Architektur, dem Städtebau, Aktionskunst, Landschaftsarchitektur, Gestaltung des öffentlichen Raumes und mit künstlerischen Installationen zu verfolgen. Zu ihren bekanntesten Werken zählen das Küchenmonument (2006) und der Gasthof Bergkristall im Palast der Republik. Sie entwickelten Projekte unter anderem für den Kunstraum München, den Kunstverein Heidelberg, die Architektur Biennale in Venedig und die Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf. Grundsätzlich zeichnet sich ihre Arbeit durch die Verbindung von Architektur, Kunst und sozialer Interaktion aus.

Magdalena Holzhey, Sylvia Martin