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Franck Bragigand ist Maler, der mit seinem langjährigen Projekt The Restoration of the Daily Life eine radikale künstlerisch-politische Praxis verfolgt. Basis seiner Interventi nen ist jeweils die Auseinandersetzung mit der gesellschaftlichen Realität eines bestimmten Ortes, mit Bedürfnissen, Problematiken und Möglichkeiten der Bevölkerung und der architektonischen Gegebenheiten, denen er durch seine Installationen ein neues Gesicht verleiht. Seine Arbeiten bewegen sich zwischen Möblierung und Malerei, Funktionalität und Bildhaftigkeit. Grundlegendes Prinzip seiner Arbeitsweise ist nicht die Produktion neuer Artefakte, sondern die Nutzung vorhandener Ressourcen.
Die Alltagsobjekte, die Bragigand einer künstlerischen „Restaurierung“ unterzieht, reichen von gefundenen Gegenständen über individuelle Besitztümer jeder Art bis hin zu Gebäuden, Straßen und öffentlichen Einrichtungen. Die Möbel und Gegenstände werden – häufig auch in Zusammenarbeit mit den Bewohnern vor Ort – in ein räumliches und farbliches Konzept eingepasst, das dem jeweiligen Ort und Ding eine neue Lebensqualität verleiht. Die formale Auseinandersetzung mit den Gegenständen, ihre Verschönerung, Instandsetzung, Verlebendigung durch Malerei wird so gleichzeitig zu einer Geste sozialer Interaktion. Franck Bragigands Arbeitsweise lässt Verbindungen zu historischen Positionen aufscheinen, die eine neue, gesamtkünstlerische Alltagsgestaltung als gesellschaftliche Utopie formulierten: von den Künstlern der englischen Arts & Crafts Bewegung im 19. Jahrhundert über das Gesamtkunstwerk des Jugendstil um 1900 und die Bestrebungen von De Stijl und Bauhaus bis hin zu Le Corbusiers seriellen „Wohneinheiten“ oder der „vielfarbigen, vielförmigen, blühenden Stadt“ des Op Art-Künstlers Victor Vasarely.
Im Unterschied zu den historischen Vorbildern verbindet Bragigand mit seiner ästhetisch-gesellschaftlichen Vision nicht das Diktat einer neuen Formensprache. Vielmehr akzeptiert und akzentuiert er das Vorhandene durch seine Art der Malerei, nutzt Abgelegtes, Weggeworfenes und Vernachlässigtes. Seine künstlerische Arbeit ist auch eine kritische Befragung menschlicher Produktion in Zeiten des materiellen Überflusses.
Für zwei der ehemaligen Kinderzimmer im Obergeschoss von Haus Lange hat Bragigand eine Installation zwischen Denkraum und neu aktivierter Realität geschaffen. Im ersten Raum steht der Besucher in einer Ateliersituation, die Bragigands laufendes Großprojekt Le Pays de Bitche in Frankreich — eine soziale Malerei in nicht weniger als 47 Dörfern und Gemeinden — als offenes, zur Reflektion einladendes Studio zur Schau stellt. Das hintere Zimmer ist zu einer neuen Art Wohnraum für Haus Lange geworden. Das Mobiliar hat der Künstler durch Recherchen vor Ort und die Zusammenarbeit mit der karitativen Einrichtung Emmaus Krefeld e.V. zusammengetragen: ein Angebot für einen alternativen Umgang mit den Dingen, in denen sich das utopische Potenzial einer neuen Alltagsgestaltung mit konkreter Umsetzung mischt.
Franck Bragigand (*
1971 Bettwiller, France), studied at the Ecole des Beaux-Artes Besançon and the Rijksakademie in Amsterdam. He has held various solo shows and has participated in numerous international groupshows. Over the past 20 years, as part of his Restoring Daily Life project, Bragigand has been over-painting building elements, discarded objects and mass-produced products he finds in the streets of cities like New York, Amsterdam or Marrakech, transforming them and re-contextualizing them as art. The artist is based in Amsterdam.
Magdalena Holzhey