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Das Leben, die uns umgebende Welt fügen sich aus unterschiedlich beschaffenen Flächen — horizontalen und vertikalen — zusammen. Aus dieser konzentrierten Perspektive schaut die amerikanische Künstlerin Andrea Zittel auf alltägliche Details, auf gesellschaftliche Zusammenhänge und emotionale Befindlichkeiten. Wände bilden Räume aus, die schützen oder einengen können; ein textiler Stoff ist eine Fläche, die wärmt und zu einem Ort sozialer Interaktion werden kann, wenn es sich um eine Picknickdecke handelt. Zittel bezeichnet horizontale Flächen (Tische, Bänke, Straßen) als „energetic accumulators“, vertikale Flächen (Werbetafeln, Wände) als „ideological resonators“ und kommt damit zu einer reduzierten, modularen Weltanschauung. Ihre aus unterschiedlichen Materialien und Farben strukturierten Arbeiten sind als ausgleichender Gegenpol zur Überfrachtung und Schnelllebigkeit unseres heutigen Lebens gemeint. Aus Flächen setzen sich auch der Tisch, die Hocker und der Teppich zusammen, mit denen Andrea Zittel das Sommerhaus von Haus Esters wieder zu einem sozialen Ort macht.
Die kontrastierenden festen und weichen Materialien Holz und Textil lassen die handwerkliche Leistung spürbar werden, mit denen die einfachen Möbel gefertigt wurden. In der geometrischen Musterung in warmen naturverbundenen Farben konzentriert sich das Denken in Flächenstrukturen. Von hier aus kann der Raum des Sommerhauses neu betrachtet werden: Wie ist das Verhältnis der Sitzfläche der Hocker oder der Oberfläche des Tisches zur Sitzbank des Hauses? Bestimmen Höhe, Tiefe und Oberfläche wie man sie nutzt? Liegen Standards vor, die einen Aufenthalt unbemerkt reglementieren? Der Teppich verwandelt die Oberfläche des Hauses in ein ausladendes Möbel, eine Bank, und verweist damit auf die vertikalen und horizontalen Proportionen wie auch auf das Volumen des Hauses.
Die drei Arbeiten — Tisch, Hocker und Bank — von Andrea Zittel fließen wie selbstverständlich in das Haus ein und thematisieren zugleich den Ort als gebauten, historischen, sozialen und mentalen Raum. Das Sommerhaus wurde von den Deutschen Werkstätten Hellerau — einer zentralen Produktionsstätte innerhalb der Reformbewegung seit Ende des 19. Jahrhunderts — Anfang der 1920er Jahre in der Reihe der Fertighäuser produziert und 1923 aufgestellt, noch vor Baubeginn von Haus Esters. Durch Typisierung und Rationalisierung wurden solche Holzhäuser auf das Wesentliche reduziert und Kosten verringert. Die Fragen nach elementaren Grundlagen des Zusammenlebens, dieser Ausgangspunkt synchronisiert das alte Sommerhaus und die ortsspezifische Arbeit von Andrea Zittel.
Das Sommerhaus ist zu festgelegten Zeiten als Café geöffnet. Über die Öffnungszeiten informieren Sie sich bitte auf der Internetseite der Kunstmuseen Krefeld oder an den Kassen von Haus Lange und Haus Esters. www.kunstmuseenkrefeld.de
Mit portablen und individuell zu bestückenden Wohnboxen hat Andrea Zittel (*
1965 Escondido, Kalifornien, USA) in den 1990er Jahren den Vorstellungen von alternativen, mobilen Wohnmodellen neue Impulse verliehen. Basis bildete die Arbeit in dem Projekt- und Werkstattraum in Brooklyn, New York — ein mehrstöckiges Gebäude mit wechselnden Bewohner*
innen, deren Lebensgewohnheiten Zittel studierte. Dieses sogenannte A-Z East setzt Zittel seit ca. 2000 mit dem Projekt A-Z West in Joshua Tree Kalifornien auf einem großen Gelände in der Wüste bei Los Angeles fort.
Sylvia Martin